Sonntag, 9. September 2007

Jorek & Nirás 6

Überlegen

Die vier Malika, die vor dem verschlossenen Zugang zum Zellentrakt standen, hatten uns noch nicht bemerkt. Sie unterhielten sich. Für die Verhältnisse ihrer kratzigen, kalten Stimmen sogar ziemlich laut. Wahrscheinlich stritten sie. Heraushören konnte ich das noch nicht.
Wir waren noch einige Gänge von ihnen entfernt, doch ich konnte sie im Dämmerlicht und durch die metallischen Zellengitter hindurch, schon deutlich sehen.
Schnell, präzise, leise. Auf mehr hatten wir uns nicht abgesprochen und das musste auch reichen.
Nirás musterte noch mal die Wachen, und sah mich kurz und prüfend an.
Seine Aufmerksamkeit hatte ich ohne Zweifel und unter Umständen auch so etwas, wie ein wenig Anerkennung. Aber sein Vertrauen, das noch kaum. Wie auch. Man überwindet in ein paar Minuten nicht seine Herkunft und damit seinen Stolz. Gewöhnt war ich es allemal, doch wir waren mitten in der Wüste. Sollten wir aus diesem Loch rauskommen, bräuchte ich keinen Azrak der im Sandmeer verschwindet, sondern einen ordentlichen Gefährten der mich führt…
Nach dem kurzen Blickwechsel verschwand er in die dunklen Gänge. Die schwere, plumpe Armbrust der Malika musste nun gute Dienste leisten. Der Schuss war für so ein einfaches Gerät äußerst weit. Auf Präzision ließ sich eigentlich nur Hoffen.
Ich machte zwei Schritte hin zu dem großen Mittelgang, der direkt zum Ausgang und den Wachen führte. Mit dem Rücken zur Ecke einer leeren Zelle, hockte ich mich hin. Ich hatte nur fünf Bolzen. Mir blieb nur ein einziger Sicherheitsschuss…und Nirás.
Ich spannte und legte behutsam den ersten Bolzen ein. Ich legte an. Ich zielte und atmete tief durch. Dann hielt ich die Luft an. Ich schoss.

Noch immer stritten sich drei der Malika lautstark. Der vierte saß auf einem Stuhl neben der schweren Holztür, und trank. Er schaute genervt den Streitenden zu, lachte röchelnd oder machte nur höhnische Kopfbewegungen, wenn die anderen ihn scheinbar das ein oder andere Mal nach seiner Meinung fragten.
Die hellen, weißen Haare des einen Malika wehten kurz in Richtung Tür. Als wenn ein kurzer Windstoss durch die Gewölbe gezogen wäre. Merkwürdig, eigentlich zieht es hier unten nicht und bei den anderen war nichts geschehen.
Es gab ein dumpfes Geräusch. Als fiele ein voller Getreidesack zu Boden. Dann ein metallisches Scheppern. Zu Füssen der drei Malika rollte ein Becher.
Sie unterbrachen sich, und sahen zu ihrem Kameraden. Er saß nicht mehr auf dem Stuhl, er lag davor, mit dem Gesicht auf dem Boden. Von seinem Kopf strömte dunkles, rotes Blut in die Furchen zwischen den groben Steinen.
Die Augen der Malika weiten sich. Panisch drehten sie sich in alle Richtungen um, und schauten in die Gänge. Ein kaum hörbares Zischen. Mattes, eisernes Blitzen in der Dunkelheit. Dann traf auch den Nächsten mein Bolzen. Röchelnd sank er neben der anderen toten Wache zusammen.
Die Übrigen fauchten nun wütend und verängstigt zugleich. Der eine nahm seinem toten Kollegen die Schlüssel ab, und versuchte hektisch die schwere Kerkertür zu öffnen.
Ich legte den dritten Bolzen ein und schoss. Donnernd bohrte er sich in das Holz, neben dem Kopf, für den er eigentlich bestimmt war. Verdammt! Die Tür öffnete sich und die Wachen stürmten in den Gang, hoch zur Festung.
„Niráaas! Los!“ Aus dem Schatten, keine 10 Schritt von den Flüchtigen entfernt, sprang der gewandte Azrak auf die Beiden zu. Seine Augen funkelten wütend. Mein Gott, diesem Kerl würde Schaum vor dem Mund, wirklich gut stehen.
Er sprintete erbarmungslos hinter ihnen her. Während ich die Armbrust schulterte und hinterher lief, konnte ich sie in der Windung des Ganges schon nicht mehr sehen, nur hören. Ein erschreckter, schmerzerfüllter Schrei, der schnell erstickt wurde. Wütendes Schnauben. Schnelle Schritte auf Stein. Ein weiterer Aufschrei.
Dann war es wieder absolut still, als sei nichts passiert. Ein leerer Kerker, ein leerer Gang und leicht schwüle, miefige Luft. Als ich um die Ecke kam, schwang Nirás sein Schwert. Blut spritze von der groben Klinge ab. Die beiden Malika lagen tot zu seinen Füssen.
„Besonders schnell sind diese langen Bleichgesichter aber nicht auf ihren Stelzen.“ Sagte er höhnisch. „Und wenn man ihnen dann noch die Fersen nimmt…“

Wir hatten uns vorher darüber Gedanken gemacht, wo sie unsere Sachen gelassen haben könnten. Hatten wir Glück, wären sie noch in der Wachstube vor den Kerkerräumen gelagert.
Gott, wie ich eine anständige kleine Armbrust und mein Schwert vermisste…
„Hast du dem Typen vom Stuhl die ander’n Schlüssel abgenommen?“
Ich hielt das schwere Bund hoch und lächelte flüchtig. Natürlich hab ich’s, Anfänger…
„Dann los, sieh zu du möchtegern Diplomat. Mal sehen was du noch so kannst!“ Sagte er lachend.
Dann hasteten wir weiter den Gang entlang.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Meeeehr!!!!!!

Mach ihr beiden schreibt echt nett!

Weiter so!